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Quelle: taz vom 21.02.2025


“Wenn die Amerikaner ihre Regierung ändern wollen, müssen sie ihre Diktatoren-Angst überwinden”, schrieb Curtis Yarvin schon 2022.

Elon Musks Vorgehen folgt offensichtlich dem Drehbuch eines reaktionären Vordenkers aus dem Silicon Valley. Als “CEO-Diktator” zertrümmert der reichste Mensch der Welt den Regierungsapparat. Donald Trump bleibt nur die Rolle eines “Chefaufsehers”, während die amerikanische Demokratie abgewickelt wird.

Der Plan klingt so verwegen wie abstrus: Von einer “Armee von Fallschirm-Ninjas” ist da die Rede, die “über allen Behörden der Exekutive” abgeworfen werden. “Die Aufgabe dieser Landungstruppen ist nicht, zu regieren”, sondern den Regierungsapparat im Sturm zu nehmen: eine “prächtige Armee” von “ideologisch geschulten” und loyalen Fanatikern, die auf die US-Bürokratie losgelassen wird und “jede Institution” übernimmt, “die sie nicht abwickelt.”

Nichts weniger als “eine systematische Erneuerung” von Amerikas Institutionen ist das Ziel dieses Szenarios, das nicht einem gruseligen Drehbuch für einen Hollywood-Kriegsfilm oder Netflix-Thriller entstammt. Es ist vielmehr ein ultrareaktionärer Schlachtplan für eine, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch gar nicht absehbare, zweite Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident. Aufgeschrieben hat diese Vision einer autoritären Säuberungswelle der Programmierer und rechte Vordenker Curtis Yarvin, und zwar schon im April 2022, lange vor Trumps erneuter Kandidatur für das Weiße Haus.

Auch die Machtzentren außerhalb der Regierung sind im Visier von Yarvins Sturmtruppen. “Ninjas werden auch auf den Dächern dieser Gebäude landen müssen – hauptsächlich Journalismus, Hochschulen und soziale Medien. Das neue Regime muss alle Stellen der Macht übernehmen, ohne Rücksicht auf Hürden auf dem Papier.”

Vor drei Jahren war Yarvins Dystopie noch das Hirngespinst eines Silicon-Valley-Nerds. Doch inzwischen ist sie kein randständiges Geschreibsel mehr. Yarvin ist nicht nur so etwas wie der Hausphilosoph von Risiko-Kapitalist Peter Thiel und Vordenker des Tech-Autoritarismus. US-Vizepräsident J.D. Vance feiert Yarvins Ideen und redet ihnen offen das Wort. Schon vor der Wahl gab es deshalb Hinweise darauf, dass mit Trump ultrareaktionäre Milliardäre und ihre Träume von der rechten Tech-Diktatur ins Weiße Haus einziehen könnten.

Quelle: https://www.n-tv.de/wirtschaft/Diesem-Umsturz-Plan-folgt-Musks-Machtuebernahme-article25563880.html


Totale Zerstörung des Staates Trumps Milliardäre träumen von rechter Tech-Diktatur

Von Hannes Vogel 14.10.2024, 07:02 Uhr Artikel anhören

Mit Donald Trump könnten bald ultrareaktionäre Silicon-Valley-Kapitalisten wie Elon Musk und Peter Thiel ins Weiße Haus einziehen. Sie wollen nichts weniger als die Demokratie abschaffen und als CEO-Könige regieren. Trump-Vize JD Vance haben sie schon überzeugt.

Im San Francisco der Zukunft geht es geordnet und gesittet zu. “Alle Einwohner, selbst vorübergehende Besucher, tragen Ausweise mit RFID-Chips. Von allen werden DNA und Netzhaut gescannt. Öffentliche Plätze und Nahverkehrssysteme tracken jeden. Sicherheitskameras sind allgegenwärtig. Jedes Auto weiß, wo es ist, und wer darin sitzt und meldet den Behörden beides.”

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Denn in dieser verstörenden Dystopie des hochintelligenten Programmierers Curtis Yarvin ist die wichtigste Tech-Metropole der USA keine Stadt mehr. Sondern das Herrschaftsgebiet eines einzigen, allmächtigen Konzerns: “Friscorp”. Allen, die “nicht produktiv” sind oder gegen die Befehle der Tech-Overlords verstoßen, droht notfalls eine profane Verwendung: Sie werden “in Biodiesel umgewandelt, mit denen die kommunalen Busse fahren”.

Genau so hat Yarvin schon 2008 unter dem Pseudonym “Mencius Moldbug” seine ultrareaktionäre Horrorvision des Tech-Autoritarismus beschrieben. Als “humane Alternative zum Genozid” sieht der Blogger für Regime-Gegner nur die “Virtualisierung”: In “ewiger Einzelhaft” dümpeln sie an einem “immersiven Virtual-Reality-Interface” vor sich hin, wo sie ein “reiches, erfüllendes Leben in einer komplett imaginären Welt” führen.

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In den heutigen Regierungen sieht Yarvin eine veraltete Software, die dringend ein Update braucht. Er bezeichnet sich selbst als “Extremist”, nennt die Sklaverei eine “natürliche menschliche Beziehung” und empfindet die Feudalherrschaft des 14. Jahrhunderts als “Verbesserung” gegenüber der Demokratie. Es ist leicht, seine gruselige, Matrix-artige Digital-Diktatur als Science Fiction oder obskure Kopfgeburt eines durchgeknallten Spinners abzutun. Und jahrelang war sie genau das auch. Doch nun hält sie womöglich Einzug ins Weiße Haus.

Denn mit Donald Trump schickt sich eine Gruppe ultrareaktionärer Kapitalisten aus dem Silicon Valley an, die US-Präsidentschaft zu erobern. Trumps neue Silicon-Valley-Buddies wie Paypal-Gründer Peter Thiel sind nicht nur superreich, sondern Freunde, Geldgeber und Anhänger von Yarvin. Wie der Tesla-Chef und wichtigste Trump-Unterstützer Elon Musk hoffen sie darauf, einst als CEO-Könige zu regieren. Und wie JD Vance, der womöglich nächste US-Vizepräsident, feiern sie Yarvin und reden seinen Ideen offen das Wort.

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Denn die Philosophie des intellektuellen Überfliegers treibt eine Idee auf die Spitze, die unter Republikanern schon lange Kreise zieht: dass die USA gemanagt werden müssen wie eine Firma. Und dass Geschäftsleute wie sie und Donald Trump daher die geborenen Führer sind, Teil einer natürlichen Aristokratie, die uneingeschränkt herrschen sollte. Uralte, autoritäre Ideen bekommen so einen neuen, intellektuellen Anstrich: Gemeinsam träumen sie von einer Art “Silicon-Reich”, wie das US-Magazin “The Baffler” schon 2014 warnte.

“Amerikaner müssen ihre Diktatoren-Angst überwinden”

Yarvins Eltern waren Diplomaten, in der Schule übersprang er drei Klassen, mit 12 ging er in die Oberstufe, und Ende der 80er Jahre war er vermutlich einer der ersten Menschen, die jemals online waren. Damals, als das Internet noch Usenet hieß, und wenig mehr war als ein Online-Forum für Uni-Doktoranden und Geeks.

Schon in seinen frühen Posts aus den Anfängen des Internets zeigen sich die rechtsextremen Ansichten des Wunderkinds. Für ihn werden die USA von obskuren Eliten in Medien, Wissenschaft und Politik regiert, einer Oligarchie, die er “Die Kathedrale” nennt. Inzwischen will er nichts weniger als die US-Regierung stürzen und die USA in eine Tech-Monarchie verwandeln. “Eine Regierung ist nichts weiter als ein Konzern, der das Land managt. Zufälligerweise wird unser souveräner Konzern ziemlich schlecht gemanagt”, analysierte er 2012. Also will Yarvin mit der US-Regierung das tun, was man mit allen ineffizienten Firmen macht: sie einfach “löschen”. Man brauche einen “nationalen CEO”: “Das nennt man Diktator. Wenn die Amerikaner ihre Regierung ändern wollen, müssen sie ihre Diktatoren-Angst überwinden.”

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Im Silicon Valley fand Yarvin nach seiner Zeit als Informatik-Doktorand in Berkeley die Förderer, die bis heute daran werkeln, seine Ideen wahrzumachen. Allen voran Paypal-Gründer und Facebook-Investor Peter Thiel: der ultralibertäre, exzentrische Milliardär hat einen Bunker in Neuseeland, soll sich das Blut junger Menschen spritzen, um ewig zu leben (“Der Tod ist ein Problem, das gelöst werden kann”) und träumt von schwimmenden Mini-Staaten auf dem Meer, wo keinerlei Gesetze gelten. Thiel und Yarvin sind Brüder im Geiste: “Ich glaube nicht länger daran, dass Freiheit und Demokratie kompatibel sind”, hat Thiel schon vor Jahren in einem Essay beim konservativen Thinktank Cato Institute öffentlich bekannt.

Yarvin wurde 2016 nicht nur auf Thiels Wahlparty gesichtet und feierte mit ihm Trumps Sieg. Er soll auch so etwas wie der Hausphilosoph des Milliardärs sein und ihn laut geleakten E-Mails persönlich coachen. 2013 investierte Thiel auch in Yarvins Software-Startup Tlön. Und schon seit Trumps erster Amtszeit ist Thiel ein enger Verbündeter des Ex-Präsidenten, sprach damals auf dem Parteitag der Republikaner, spendete Millionen an Trump und die Partei und öffnete ihm die Türen in die Tech-Szene.

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Nachdem Thiels Verhältnis zu Trump zwischenzeitlich abgekühlt war, taut es nun offenbar wieder auf. Denn Trump soll sich von Thiel überreden lassen haben, dessen engsten Protegé zu seinem Vize zu küren: JD Vance. Thiel ist der finanzielle Pate und Architekt von Vance’ politischer Karriere. Praktisch sein gesamtes Berufsleben, abgesehen vom Militärdienst, hat Vance unter den Fittichen des exzentrischen Tech-Milliardärs verbracht. Als Student an der Elite-Uni Yale kontaktierte Vance Thiel nach einem Vortrag dort, der holte ihn zu seinem Startup-Fonds Mithril Capital nach San Francisco. Als Vance dann später seinen eigenen Fonds gründete, investierte Thiel. Genauso wie in seine politischen Ambitionen: Mit 15 Millionen Dollar finanzierte Thiel 2022 faktisch den gesamten Wahlkampf von JD Vance, der damals Senator in Ohio wurde. Und Thiel war es auch, der Vance Anfang 2021 Trump vorstellte.

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Thiel und Vance sind glühende Yarvin-Jünger. Besonders in dessen Idee von der totalen Staatszerstörung haben sie sich vernarrt. Vance redet der Idee schon lange offen das Wort. 2021 appellierte er an Donald Trump, die dunkle Vision nach seiner Wiederwahl umzusetzen. “Unsere Anführer sind so korrupt”, lamentierte Vance im Gespräch mit einem rechten Blogger. Man müsse daher “die derzeitige amerikanische Führungsklasse wie einen Tumor herausreißen und dann eine Art amerikanischer politischer Religion etablieren”, sagte Vance. Wie genau das gehen soll, abgesehen von Wahlen, wollte der Interviewer von Vance wissen. “Da gibt es diesen Typen Curtis Yarvin, der hat über einige dieser Dinge geschrieben”, sagte der jetzige US-Vizepräsidentschaftskandidat.

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Yarvin nennt sein Programm sehr treffend RAGE (“Retire All Government Employees”): alle Regierungsbeamten hinausschmeißen. Das Wort bedeutet zugleich “Wut” auf Englisch, und fängt damit den Kern der Idee ziemlich gut ein. Denn sie lässt die Staatszerstörungsphilosophie des kettensägenschwingenden argentinischen Präsidenten Javier Mileidagegen moderat aussehen. Der will wenigstens nur einige Ministerien absägen. Yarvin und Vance wollen den Staat komplett zertrümmern.

Einen Vorschlag für das Amt des obersten Diktators hat Yarvin auch schon vor Jahren gemacht: Elon Musk. Der hat Yarvin und seine Ideen zwar bislang nicht öffentlich befürwortet. Aber geriert sich längst wie der CEO-König, den der neo-reaktionäre Tech-Philosoph sich an der Spitze der USA wünscht. Und Allmachtsfantasien hat Musk längst genug, etwa wenn er sich bei der Übernahme von Twitter selbst zum Retter der freien Meinungsäußerung erklärt oder Taylor Swift auf seiner Plattform X ungefragt anbietet, sie zu schwängern.

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Der reichste Mann des Planeten hat sich längst vom visionären Tech-Pionier zum wichtigsten reaktionären Unterstützer von Donald Trump gemausert. Inzwischen finanziert er nicht nur dessen Wahlkampf, rollt ihm bei seinen 200 Millionen Followern den medialen roten Teppich aus und hüpft und umarmt Trump bei seinen Wahlkampfauftritten.

Sollte Trump gewählt werden, dürften Musk, Thiel und Yarvin also einen heißen Draht ins Weiße Haus haben. Vielleicht geht es dann schneller als gedacht in Richtung von Yarvins Vorstellung der totalen Tech-Diktatur. Die Mogule kokettieren offen mit ihren royalen Ambitionen. Elon Musk nennt sich schon seit 2021 ganz offiziell nicht mehr Chief Technology Officer. Sondern “Technokönig von Tesla”.

Quelle: https://www.n-tv.de/wirtschaft/Trumps-Milliardaere-traeumen-von-rechter-Tech-Diktatur-article25286466.html